Wildalmkirchl-Biwak und einsames Steinernes Meer

Quelle: AV-alpenvereinaktiv.com, Autor: Andi Radin

Der Obersee am Königssee
Die Wasseralm
Die Blaue Lache
Ausblick über das Steinerne Meer mit dem markanten Wildalmkirchl (links)
Die Biwakschachtel unterhalb des Wildalmkirchls
Auf dem Kirchdachgrat des Wildalmkichls
Der Funtensee mit dem markanten Schottmalhorn im Hintergrund (2.232 m)
Blick nach Salet während des Abstiegs

Die Tour

Das Steinerne Meer für sich alleine? Auf dieser zweitägigen Tour besteigen wir das schwierige Wildalmkirchl (2.578m, II), übernachten in einer Biwakschachtel und kehren am Funtensee ein.

Das Steinerne Meer ist wohl der dramatischste Teil der Berchtesgadener Alpen und einer der außergewöhnlichsten Orte im ganzen Alpenraum. Mit weiten Teilen oberhalb von 2.000 Höhenmetern und einer sehr kleinen Tier- und Pflanzenwelt ist der Name Programm. Kaum verwunderlich also, dass das Steinerne Meer schon seit langem Bergsteiger von nah und fern anzieht. Wer jedoch gerne die absolute Stille für sich alleine hätte, ist im östlichen Steinernen Meer genau richtig.

Auf dieser zweitägigen Tour fahren wir über den Königssee und steigen neben dem Röthfall, dem mit 470 Metern höchsten Wasserfall Deutschlands, zur liebevoll gelegenen und frisch renovierten Wasseralm auf. Diese läd zu einem Stück Kuchen oder einer Suppe ein.

Wir steigen dann immer Höher ins Steinerne Meer auf und können beobachten, wie die Vegetation und die Tierwelt immer spärlicher wird. Haben wir rund um die Wasseralm noch Murmeltiere gehört und gesehen, gibt es hier kaum noch Insekten. Irgendwann hört man nicht einmal mehr Vögelstimmen und ist von grauer, steinerner Einöde umgeben.

Die Übernachtung findet in der Biwakschachtel am Wildalmkirchl statt, die sehr schön und gut ausgestattet ist. Es gibt acht Betten und sicher doppelt so viele Decken, weshalb wir nur einen Hüttenschlafsack brauchen. Für die Übernachtung soll sich in ein Buch eingetragen werden und 10€ für die Pflege der Hütte enrichtet werden.

Bei klarem Himmel und bestenfalls Neumond ist der Nachthimmel hier atemberaubend. Es lohnt sich definitiv, sich nachts in die Kälte nach Draußen zu schieben und die Milchstraße zu bewundern. Ohne störende Lichtquellen und mit der klaren Luft auf etwa 2.500 Metern Höhe einer der besten Orte Mitteleuropas für die Beobachtung von Sternen.

Wir haben hier die Möglichkeit, auf das markante und schwierige Wildalmkirchl (2.578m) zu steigen, aber bereits unterhalb dessen hat man einen grandiosen Ausblick vom Südrand des Steinernen Meeres.

Weiter geht es in Richtung Funtensee, wobei wir weglos den Brunnsulzengrat überschreiten können. Am Funtensee angekommen befinden wir uns dann wieder in einer grünen Oase nach dem Grau der letzten 24 Stunden. Da nur noch der leichte Absteig durch die Saugasse ansteht ist der Kärlingerhaus perfekt für die Einkehr geeignet.

Den Königssee erreicht man dann auf der bekannten Halbinsel St. Bartholomä, wo man im kalten Wasser des Königssee den Schweiß abwaschen kann oder sich im Biergarten ein Radler gönnt, bevor es mit dem Boot zurück nach Schönau geht.

Autorentipp

Wer mehr Zeit mitbringt, kann ab dem Hochbrunnsulzen auch Schönfeldspitze und Riemannhaus oder im Kärlingerhaus am Funtensee übernachten (siehe Tour "Wildes Steinernes Meer").

Info

Schwierigkeit
schwer
Aufstieg
2450 hm
Abstieg
2450 hm
Tiefster Punkt Ufer des Königssees
604 m
Höchster Punkt Wildalmkirchl
2678 m
Dauer
17:00 h
Strecke
49,0 km

Details

Kondition
Erlebnis
Landschaft
Gefahrenpotential
Technik
Exposition
N
O
S
W

Beste Jahreszeit

Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember

Wegbeschreibung

Start

Schönau a. Königssee, Haltestelle/Parkplatz Königssee

Ziel

Ebendort

Weg

Von der Haltestelle oder dem Parkplatz aus gehen wir zur Anlegestelle der Königsseeschiffahrt. Die Elektroboote fahren im Sommer ab 8:00 Uhr morgens im Viertelstundentakt, ab Mitte September ab 8:30 Uhr. Da eine Fahrt bis zur Endhaltestelle Salet 50 Minuten dauert, sollte eines der ersten beiden Boote des Tages genommen werden. Die Überfahrt über den Königssee ist gemütlich und beeindruckend zugleich, ein wichtiger Bestandteil ist auch das berühmte Trompetenecho.

Vom Anleger Salet (604m) aus folgen wir dem einfachen Weg an Salet-Alm und Obersee entlang zur Fischunkel-Alm. Wer nicht das erste Boot erwischt hat, muss sich diese Strecke bereits mit einigen Touristen teilen, die mit dem Bootshaus am Obersee ein beliebtes Instagram-Fotoziel aufsuchen. An der Fischunkel-Alm folgen wir weiter der Beschilderung zur Wasseralm. Desto näher wir uns dem Röthfall, dem mit 470 Metern höchstem Wasserfall Deutschlands kommen, desto feuchter und schattiger wird der Weg. Der am Fuße des Wasserfalls beginnende steile Röthsteig wird vom Alpenvereinsführer mit W4 bewertet und kann stellenweise sehr rutschig sein. Stellen sind mit Drahtseilen und Treppen entschärft. Oberhalbs des Wasserfalls führt der Pfad durch Wald gemütlicher bergan zur Wasseralm (1.416m). Dieser Abschnitt dauert etwa 3 Stunden.

Nach einer Pause mit Einkehr und Auffüllen der Wasservorräte folgen wir (spätestens um 14:00 Uhr) der Beschilderung zur Hochbrunnsulzenscharte. Nach kurzem Austieg erreichen wir die Waldgrenze und bewegen uns zwischen einzelnen Bäumen und Latschengruppen über karstige Felsen und Rinnen. An der Blauen Lache (1.816m) beginnt dann der Teil des Steinernen Meeres, der kaum noch grün enthält. Am Steinhütterl (1.955m) teilt sich der Weg in Richtung Niederbrunnsulzenscharte vom Weg zum Hochbrunnsulzen, dem wir fortan folgen. Das Steinhütterl ist gewöhnlich versperrt, kurz vor der Hütte gibt es jedoch eine kleine Quelle, die aber nicht zuverlässig Wasser führt. Hierher benötigt man höchstens 2 Stunden.

Spätestens ab Überschreiten der Grenze nach Österreich findet sich auch kein Gras mehr zwischen den Steinen. Es ist nun schon lange kein Pfad mehr zu erkennen, dafür sind die Wegmarkierungen sehr nah aneinander. Bei Nebel kann es hier gefährlich werden. Auch benötigt man im Steinernen Meer wegen des ständigen Auf und Abs zwischen Rinnen und Gesteinsbrocken länger für Strecke und Höhenmeter, als von einfacheren Pfaden gewohnt. Etwa eine Stunde vor dem Hochbrunnsulzen passiert der Weg einen Wegweiser, der das Wildalmkirchl-Biwak erstmals auschildert. Wir folgen dem markierten Weg in südliche Richtung, der nicht auf der Alpenvereinskarte eingezeichnet ist. Unterhalb des Mitterhönrdls trifft man auf den Übergang zwischen Riemannhaus und Hochkönig. Diesem folgt man in östliche Richtung und erreicht nach einem letzten steileren Anstieg das Wildalmkirchl-Biwak auf 2.457m. Ab dem Steinhütterl kann mit etwa 3 Stunden Wegzeit gerechnet werden.

Je nach Zeit, Verfassung und Belieben kann das Wildalmkirchl (2.578m) noch am selben Abend oder (z.B. zum Sonnenaufgang) am nächsten Tag bestiegen werden. Alle Anstiege sind weglos, ausgesetzt und enthalten Stellen mindestens im II. Schwierigkeitsgrad. Der leichteste Anstieg erfolgt durch eine Rinne unterhalb des Ostendes des "Kirchendachs", von wo zum Kreuz auf dem Ostende des "Kirchendachgrats" aufgestiegen werden kann. Ab hier dem schmalen Grat folgen und über eine kleine Rinne und eine ausgesetzte Platte auf den Gipfel des "Kirchenturms". Auf- und Abstieg (ca. 120 Höhenmeter) dauern von der Biwakschachtel aus nur etwa eine Stunde, zählen aber zu den schwierigsten Gipfelanstiegen im Steinernen Meer. Erfahrung ist vorausgesetzt, der Alpenvereinsführer für eine (etwas) ausführlichere Beschreibung empfohlen.

Im ersten Abschnitt dem Weg von gestern folgend geht es nun zur Hochbrunnsulzenscharte (2.356m). Diese rückt nur sehr langsam näher, da das Einschätzen von Entfernungen im Steinernen Meer schwer fällt. Nach etwa eineinhalbstündigem Auf- und Ab erreicht man jedoch die Scharte und erhält Einblicke ins zentrale Steinerne Meer mit der Schönfeldspitze.

Wer sich gute Orientierung im weglosen Gelände zutraut, kann den Brunnsulzengrat, der als nördlichere Verlängerung des Selbhorngrates den östlichen Teil des Steinernen Meers abgrenzt, überschreiten. Nach einer knappen Stunde kann so die Niederbrunnsulzenscharte (2.369m) erreicht werden, die interessanterweise höher als die Hochbrunnsulzenscharte liegt. Ab hier ist der Weg wieder markiert und führt zum Toten Weib herab. Dieses kann alternativ auf ausgeschildertem Weg ab dem Hochbrunnsulzen erreicht werden.

Das Tote Weib (2.089m) markiert das erneute Überqueren der Deutsch-Österreichischen Grenze. Ab hier geht es stetig bergab durch den Stuhlgraben, an dessen unterem Ende endlich wieder Grün das ewige Grau des Steinernen Meeres ablöst. Es wird der Abzweig zum Funtenseetauern erreicht, von wo aus nun wieder ein Pfad hinab zum funtensee führt. Dabei durchquert man zweifach die Waldgrenze, da durch Temperaturinvasion rund um den Funtensee ebenfalls keine Bäume wachsen können. Dafür ist die Vegetationsperiode des kältesten Ortes Deutschlands zu kurz. Einige Meter über dem See liegt das Kärlingerhaus (1.630m), das ab der Biwakschachtel in etwa vier Stunden erreicht wird.

Das Kärlingerhaus und gemütlich und vefügt über eine tolle Küche, ist aber gleichzeitig sehr belebt und oftmals Wochen im Voraus ausgebucht. Wer frühzeitig bucht und mehr Zeit mitbringt, kann hier übernachten und weitere Ziele in der Umgebung anpeilen. Wer direkt nach St. Bartholomä absteigt, sollte dies bis 14:00 Uhr tun, da ab St. Bartholomä um 18:15 Uhr das letzte Boot zurück nach Schönau fährt.

Ab dem Kärlingerhaus steigt der breite und gut ausgeschilderte Weg noch einmal etwa 50 Höhenmeter an, bevor es stetig bergab geht. Bald werden die 32 Serpentinen der Saugasse erreicht, die sich eng den Berg hinab schlängeln. Dieser Weg zählt zu den leichtesten ins Steinerne Meer und ist der am häufigsten frequentierteste. Am Fuße der Saugasse führt der Weg dann leicht abfallend durch das waldige Schranbachtal, bis kurz vor dem Königssee noch einmal ein steilerer Abschnitt erreicht wird. Dieser ist jedoch breit und leicht und mündet wenig später am Südende der Halbinsel St. Bartholomä. Hier kann der Eisbach meistens einfach durchschritten werden, bei Hochwasser gibt es ein Stück flussaufwärts mit einer Brücke eine Alternative. Der Abstieg bis zum Anleger ist in etwa 3 Stunden zu machen, wenn man einen schnellen Gang hat.

St. Bartholomä läd nach den Anstrengungen der letzten beiden Tage zum Sprung in den Königssee ein, der mit 14 bis 16 Grad wohltemperiert ist. Bleibt noch genug Zeit, laden auch Biergarten und das Restaurant des Königsseefischers, der als einziger hier Fische fangen darf, ein, bevor um spätestens 18:15 Uhr das letzte Boot zurückfährt.

Anreise

Öffentliche Verkehrsmittel

Ab Berchtesgaden bzw. bereits ab Bad Reichenhall fahren die Buslinien 841 und 842 je stündlich zum Königssee. Die Haltestelle Königssee liegt direkt am Seegelände um am Anleger der Königsseeschifffahrt.

Anfahrt

Berchtesgaden ist auf der A8, ab Bad Reichenhall oder aus Richtung Salzburg kommend bereits frühzeitig ausgeschildert. Ab Berchtesgaden der Ausschilderung des Königssees auf der B20 folgen. Hier mündet die B20 direkt in den großen Parkplatz.

Parken

Es gibt einen sehr großen Parkplatz zwischen der Jennerbahn-Talstation und dem Seegelände Königssee. Parken kostet 5€ am Tag.

Weitere Informationen

Wetterbericht Berchtesgaden:

https://www.bergfex.de/sommer/berchtesgaden/wetter/

Fahrplan der Königsseeschifffahrt:

https://www.seenschifffahrt.de/de/koenigssee/fahrplan/fahrplan/

Wasseralm:

http://wasseralm-berchtesgaden.de/

Kärlingerhaus:

https://kaerlingerhaus.de/

Ausrüstung

Neben der klassischen Ausrüstung für eine mehrtägige Hochgebirgstour ist besonders daran zu denken, dass sich in der Biwakschachtel selbst versorgt werden muss und es keine verlässlichen Wasserquellen zwischen Wasseralm und Kärlingerhaus gibt. Sinnvoll sind vier Liter ab der Wasseralm.

In der Biwakschachtel gibt es deutlich mehr Decken als Betten, daher reicht normalerweise ein Hüttenschlafsack aus. Aber abends und morgens kann die Temperatur im Steinernen Meer selbst an warmen Tagen auf 0 Grad Celsius sinken, weshalb Handschuhe und Mütze nicht überflüssig sind.

Sicherheitshinweise

Der Röthsteig ist aufgrund seiner Exposition oft sehr feucht und kann damit rutschig sein.

Im Steinernen Meer kann trotz der engen Wegmarkierung bei schlechter Sicht die Orientierung schwerfallen. Besonders weglose Strecken sollten ohne Karte & Kompass oder GPS sowie bei unstabilen Wetterverhältnissen unbedingt vermieden werden.

Wie bei Karsthochebenen üblich, ist das Steinerne Meer von tiefen Löchern und Rinnen durchzogen. Daher ist erhöhte Achtsamkeit gefordert. Die Gefahr ist besonders groß, wenn noch Schnee über den Spalten liegt.

Im Steinernen Meer gibt es wenig bis keine Trinkwasserquellen, zwischen der Wasseralm und dem Kärlingerhaus muss sämtliches Nutzwasser getragen werden.

Die Netzabdeckung im Steinernen Meer ist sporadisch bis nicht gegeben. Daher ist es sicherer in der Gruppe unterwegs zu sein oder zumindest die geplante Strecke Bekannten mitzuteilen.

Das Wildalmkirchl erfordert relativ kurze, aber stark ausgesetzte Kletterei im II. Schwierigkeitsgrad.

Dem Brunnsulzengrad ist leicht zu folgen, alpine Erfahrung und Trittsicherheit sind aber - wie bei dieser ganzen Tour - Pflicht. Bei Unsicherheiten ab dem Hochbrunnsulzen stattdessen der Beschilderung zum Kärlingerhaus folgen.

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